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"Wenn es viele Menschen gäbe, in denen eine so tiefe Verachtung für Landesgrenzen lebte wie in mir, dann gäbe es keine Kriege und Blockaden mehr. Es gibt nichts Gehässigeres als Grenzen, nichts Stupideres als Grenzen. Sie sind wie Kanonen, wie Generäle: solange Vernunft, Menschlichkeit und Friede herrscht, spürt man nichts von ihnen und lächelt über sie, - sobald aber Krieg und Wahnsinn ausbricht, werden sie wichtig und heilig. Wie sind sie uns Wanderern in den Kriegsjahren zur Pein und zum Kerker geworden! Der Teufel hole sie!"

Das schreibt Hermann Hesse in seiner Erzählung "Wanderung". Ich habe auch deshalb nach dem Buch gegriffen, weil uns Hesse durch Felicitas Andresen wieder näher gerückt ist. Seine Sätze über die Grenzen haben leider große Aktualität durch den Überfall Russlands auf die Ukraine und die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nahen Osten. Sie beschäftigen uns nicht erst seit der Veröffentlichung der Texte von syrischen Geflüchteten in der "Traurigen Heimat". Auch im aktuellen Buch von Katrin Seglitz geht es um Grenzen, als Iris und Arne einen jungen Mann aufnehmen, der Zar heißt, Abkürzung von Zarduscht oder Zarathustra. Er kommt aus dem Norden von Afghanistan, aus Balch, wie der historische Zarathustra. 

Als Arne zum ersten Mal zu einer Veranstaltung der AfD geht, gibt es die Partei seit einem Jahr. Auf Nietzsche haben sich die Nazis bezogen, auf Nietzsche beziehen sich die Strategen der AfD. Ein Missverständnis? Nietzsche hat sich abfällig über Demokratie geäußert, er hat sich aber auch lustig gemacht über Nationalismus und Deutschtümelei. Katrin Seglitz erzählt, wie das Beziehungsgefüge von Arne, Iris und Zar Risse bekommt, ein Vorgang, in dem sich aktuelle gesellschaftliche Prozesse spiegeln. Sie wird ihr Buch in diesem Herbst an vielen Orten vorstellen. 

Ich wünsche Ihnen einen anregenden Herbst - lesen Sie, diskutieren Sie, setzen Sie sich auseinander, aber bleiben Sie im Gespräch.

Ihr Peter Albrecht